30.04.2024_Presseerklärung zum Tag der Arbeitslosen
Eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes fordert die Katholische Arbeitnehmer:innenbewegung Österreich (KABÖ) aus Anlass des Tages der Arbeitslosen am 30. April. „Es ist eine beschämende Tatsache, dass im reichen Österreich viel zu viele arbeitslose Menschen armutsgefährdet sind“, hält die KABÖ in einer Presseaussendung fest. Einer der Gründe dafür ist: Das Arbeitslosengeld wurde - als eine der wenigen Sozialleistungen - über einen längeren Zeitraum nicht inflationsangepasst.
Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher äußere im Gegenteil immer wieder Pläne, das Arbeitslosengeld bei andauernder Arbeitslosigkeit zu kürzen. „Dass das Arbeitslosengeld konstant niedrig gehalten wird, ist eine große Ungerechtigkeit, dies umso mehr, wenn man auf die aktuell hohen Teuerungsraten blickt. Die Auswirkungen einer solchen Politik bekommen vor allem jene Menschen besonders hart spüren, die schon lange ohne Erwerbsarbeit sind. Ihre Notstandshilfe orientiert sich an dem Lohn von vor vielen Jahren und somit ist der Kaufkraftverlust für diese Menschen enorm und in vielen Fällen existenzbedrohend“, so KABÖ-Vorsitzende Anna Wall-Strasser.
„Zur finanziellen Misere kommt für viele Menschen ohne Arbeitsplatz die schmerzliche Erfahrung, dass sie nicht nur wirtschaftlich, sondern auch gesellschaftlich isoliert werden. Es droht ein Zerbrechen der Solidarität zwischen den Arbeitslosen und jenen, die einen Arbeitsplatz und somit regelmäßiges Einkommen haben. Wir dürfen die Arbeitslosigkeit nicht einfach hinnehmen und unser Vertrauen allein auf den Marktmechanismus setzen“, ergänzt KAB-Bundesseelsorger Karl Immervoll dazu und verweist dazu auch auf den Sozialhirtenbrief der österreichischen Bischöfe.
Gerechtigkeit bei Steuern und Vermögensverteilung
Steuergerechtigkeit, und damit die Absicherung angemessener Lebensgrundlagen für alle, muss menschenwürdige Lebensumstände gerade auch für die benachteiligen Menschen ermöglichen, erklärt die KABÖ weiter. „Mit der Besteuerung hoher Vermögen und Erbschaften könnten wir diesem Ziel näherkommen. Bisher wird der österreichische Staatshaushalt nur zu 1,3 Prozent aus Vermögenssteuern finanziert, wohingegen es im EU-Durchschnitt fünf Prozent sind. Die bis zu fünf Milliarden Euro, die durch eine Anhebung der Vermögenssteuer lukriert werden könnten, sollten schwächeren Bevölkerungsgruppen wie Arbeitslosen oder Alleinerziehenden in Form von tatsächlichen Finanzhilfen zugutekommen“, so die Arbeitnehmer:innenbewegung.
Die katholische Soziallehre halte fest, „dass der wirtschaftliche Wohlstand eines Volkes weniger zu bemessen ist nach der Fülle von Gütern, über die seine Glieder verfügen, als vielmehr nach der gerechten Verteilung, so dass alle im Lande etwas davon für die Entfaltung und Vervollkommnung ihrer Persönlichkeit erhalten; denn das ist das Ziel, auf das die Volkswirtschaft ihrer Natur nach hingeordnet ist“. (Enzyklika „Mater et magistra“ von Johannes XXIII., 74)
Die KABÖ verweist dazu auch auf Bernhard Emunds, Professor für Christliche Gesellschaftsethik und Sozialphilosophie an der Hochschule St. Georgen und Leiter des Nell-Breuning-Instituts in Frankfurt: „Er legt einen klaren Befund zur Vermögensverteilung als Frage der Gerechtigkeit vor. Er sieht in der Vermögenssteuer und Erbschaftssteuer eine Strategie, um die Schere zwischen Arm und Reich nicht noch weiter aufgehen zu lassen.“
Hohe Vermögenskonzentration gefährdet Demokratie
Nach Lettland, Deutschland und Irland ist Österreich an vierter Stelle der europäischen Länder, in denen Vermögen extrem ungleich verteilt ist. „Hohe Vermögenskonzentration birgt die Gefahr interessengeleiteter Einflussnahme auf wirtschaftliche und politische Entscheidungen. Hohe Vermögenskonzentration birgt Gefahren für Chancengerechtigkeit, Demokratie und sozialen Ausgleich“, warnt die KABÖ. „Mit der Abschaffung der Vermögenssteuer 1993 und der Erbschafts- und Schenkungssteuer 2008 steigt die Vermögenskonzentration in den Händen weniger und entgeht dem Sozialstaat ein großer Steueranteil zur Schaffung eines sozialen Ausgleichs. Einnahmen können für eine anstehende Pflegereform eingesetzt werden oder zur immer wieder geforderten Senkung der Lohnsteuer. Auch eine dringend notwendige Reform des österreichischen Bildungswesens in Richtung einer zeitgemäßen Pädagogik - inklusive Schulneubauten - steht an. Karrierechancen dürfen nicht länger entlang der Herkunft verwehrt oder gewährt werden.“
Mit den Realitäten, wie Vermögen in Österreich verteilt ist und inwieweit Vermögen- und Erbschaftssteuern zu einer gerechteren Verteilung beitragen könnten, setzte sich die KABÖ auf ihrer Frühjahrsbundeskonferenz im Bildungshaus St. Georg in Bad Traunstein Ende März dieses Jahres auseinander. Die Ökonomin und Mitarbeiterin des Momentum Instituts in Wien, Katharina Mader, zeigte auf, welche immensen Unterschiede bei Einkommen und Vermögen in Österreich bestehen und welche Mechanismen diese Unterschiede weiter befördern. So besitzen Österreichs 20 Reichste das 83.000-fache des Median-Vermögens. Und zur Ungleichverteilung tragen auch enorme Einkommensunterschiede bei: Österreichs Bestverdiener:innen erhalten das 80-fache des Median-Einkommens.
„Dass vermögensbezogene Steuern in Österreich beständig sinken, sich de facto auf einen Wert zwischen einem und null Prozent zubewegen, ist also ein klares Unrechtsmoment, das behoben werden muss. Eine gerechte Vermögensteuer würde je nach Berechnungsmodell rund fünf Milliarden Euro an Steueraufkommen in den Staatshaushalt bringen. Sie würde - bei einer Freigrenze von einer Million Euro netto - nur vier Prozent der Haushalte treffen. Im Sinne der Soziallehre-Prinzipien Gemeinwohl und Solidarität ist aus Sicht der KABÖ die Forderung nach Einführung dieser Steuern berechtigt.“