Klimawandel als Herausforderung für die Zukunft der Arbeit
40 VertreterInnen der Katholischen ArbeitnehmerInnen Bewegungen in der Schweiz, Tschechien, Südtirol, Deutschland und Österreich diskutierten vom 27.-30.6. im Schloss Fürstenried in München über die Zukunft der Arbeit und notwendigen Veränderungen aufgrund von Klimawandel, begrenzten Ressourcen, Digitalisierung und dem Anspruch eines guten Lebens für alle.
Dem Dilemma zwischen wirtschaftlichen Wachstumsansprüchen, der notwendigen Begrenzung des Ressourcenverbrauchs, auch aufgrund der zunehmenden Erderwärmung, und der zunehmenden Spreizung der Lohnschere gerade in Ländern, in denen Wohlstand bislang relativ sozial verteilt war, stellten sich die TeilnehmerInnen beim Europäischen Seminar der deutschsprachigen KABs unter dem Titel „Die Zukunft der Arbeit in einem digitalen Europa“.
Fast überall auf der Welt gilt wirtschaftliches Wachstum als eines der Hauptziele staatlicher Wirtschaftspolitik. Denn Wachstum, so wird behauptet, erhöht den Lebensstandard der Bevölkerung, schafft Arbeitsplätze, hilft soziale Konflikte besser zu lösen, erleichtert den Strukturwandel und macht es schließlich auch möglich, mehr Geld in Aufgaben wie den Umweltschutz zu investieren.
Gemeinwohlökonomie und Grundeinkommen
Als Kontrollinstrument und Korrektiv zu dieser These stellte Jörn Wiedemann, Gemeinwohlökonomieberater im deutschsprachigen Raum, das über die Jahre immer wieder weiterentwickelte Modell der Gemeinwohlbilanz vor. Dabei ging er den Fragen nach, was echt sozial und echt gerecht wäre. Er sieht in der umgesetzten Gemeinwohlökonomie, kombiniert mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen einen geeigneten, umsetzbaren Weg dahin.
Postwachstumsgesellschaft
WachstumskritikerInnen diskutieren wie eine Wirtschaft ohne Wachstum dennoch gut oder sogar besser funktionieren kann. Wachstum sei nicht mehr Teil der Löstung von ökologischen und sozialen Problemen, sondern Teil des Problems geworden. So wies der Wirtschafts- und Politikwissenschafter Bernhard Leubolt, Mitarbeiter der ksoe – Katholischen Sozialakademie Österreichs, auf die Chancen hin, die in einer sozialökologischen Transformation unserer Wirtschaftssysteme liegen. Die Befürworter der Degrowth-Idee richten sich in ihrer Kritik gegen die neoliberale Theorie und Praxis. Zusätzliches Wirtschaftswachstum, sei es grün oder nachhaltig, legitimiere nach ihrer Meinung, die Fortführung des Status Quo. Vertreter der Postwachstumsökonomie plädieren für eine Abkehr vom konventionellen Wohlstandsmodell, weil moderne Konsumgesellschaften über ihre Verhältnisse leben und der durch Wachstum aufgebaute Wohlstand nur durch ökologische Plünderung, gerade auch in ärmeren Weltregionen, möglich ist. So ist aktuell Europa im globalen Kontext nicht nur unter den reichsten Regionen, es ist auch die „Ressourcen-hungrigste“ Region, d.h. etwa die Hälfte des jährlichen Netto-Ressourcenverbrauchs muss importiert werden. Gleichzeitig verschärfen sich Ressourcenkonflikte in den größten Netto-Export-Regionen Lateinamerika und Afrika. Die Frage einer gerechteren Ressourcenverteilung im globalen Kontext wirft die Frage auf, ob die skizzierte sozial-ökologische Transformation mit fortgesetztem Wirtschaftswachstum in den „Ressourcen-hungrigen“ Regionen kombinierbar ist. Leubolt betonte, dass Wachstum im globalen Süden mit sozial ausgewogenen und intelligenten Ansätzen von „De-Growth“ in den Industrieländern verbunden werden müsse.
Friesach im Wandel – Genossenschaft AMOS – Terra Institut
Am dritten Konferenztag stellten Leo Kudlicka, KAB Kärnten und Transition Town Friesach, Johannes Eschweiler, KAB Deutschland und Genossenschaft AMOS und Evelyn Oberleiter, Geschäftsführerin des Terra- Institutes aus Brixen ihre alternativen Projekte und projektbegleitenden Maßnahmen vor.
Seit mehr als fünf Jahren befindet sich die mittelalterliche 5000 Einwohner-Stadt Friesach „im Wandel“. Als Teil der internationalen Transition Town Bewegung entwickelte sich in Friesach eine Schenkökonomie, verwirklicht in Form eines Kost Nix Ladens; Friesach wurde durch Foodsharing und Lebensmittelretten zu einer Essbaren Stadt. Gemeinsam mit dem Initiator Leo Kudlicka setzen viele Freiwillige aus unterschiedlichen sozialen Schichten und mit unterschiedlichem Bildungshintergrund beteiligungsorientiert, kommunenorientiert und nachhaltig solidarische Projekte um.
Wie bei Transition Town Friesach steht in der deutschen Genossenschaft AMOS, präsentiert vom Vorsitzenden Johannes Eschweiler, KABD, Solidarität im Gegensatz zu Konkurrenz und gesellschaftliche Veranwortung füreinander, die zukünftige Generationen und die Einhaltung der Natur miteinschließt, an oberster Stelle. AMOS eG hat einen besonderen Fokus auf die Unterstützung und Einbeziehung auf Menschen in Langzeitarbeitslosigkeit.
Das Terra Institut aus Brixen, präsentiert von der Geschäftsführerin Evelyn Oberleiter, hat seinen Schwerpunkt auf kontinuierliches Lernens, das alle Menschen und Prozesse eines Unternehmens miteinbezieht. Die Arbeit an der Organisationskultur basiert auf der Annahme, dass eine Verbesserung des individuellen Bewusstseins der einzelnen Mitarbeiter, negative Auswirkungen unbefriedigender Beziehungen und unausgewogener zwischenmenschlicher Konflikte, diminuieren kann. Letztendlich fördert die kulturelle und organisationale Entwicklung ein motivierenderes Arbeitsumfeld und konstruktive Beziehungen, die eine bessere Verwirklichung der gemeinsamen Ziele in Unternehmen, aber auch non-profit Organisationen ermöglichen.
Motiviert durch die Auseinandersetzung mit all diesen zukunftsträchtigen, enkeltauglichen, nachhaltigen, gute Arbeit und gutes Leben schaffenden Projekten fand die Tagung ihren Abschluss in einem wortsensiblen und Hoffnung teilenden Gottesdienst. Der Anspruch, als KAB neue Wege zu beschreiten, wurde im Gepäck mitgenommen.
Foto: KAB; Die TeilnehmerInnen aus Österreich: v.l.: Leo Kudlicka, KAB Kärnten, Transition Town Friesach, Heinz Mittermayr, KAB OÖ, Erwin Burghofer, KAB NÖ, Maria Ungerböck, KAB Wien-Süd, Gabriele Kienesberger, KABÖ, Bernhard Leubolt, ksoe, Sonja Meißl, KAB Wien, Bruno Holzhammer, KAB Tirol, Michaela Penz, KAB Steiermark |
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Kontakt:
Mag.a Gabriele Kienesberger, KABÖ – Kath. ArbeitnehmerInnen Bewegung Österreich
Spiegelgasse 3/2; 1010 Wien; Tel.: 0650/4005751;
[Wien, 01.07.2019]