Alt-Bundespräsident beim Sozialstammtisch in der Diözese Linz
"Die Rolle der traditionell großen Parteien SPÖ und ÖVP als Meinungsbildnerinnen nähert sich dem Null-Punkt": Diese Einschätzung hat Alt-Bundespräsident Heinz Fischer als Gast beim "Offenen Sozialstammtisch" kirchlicher und gewerkschaftlicher Organisationen in Oberösterreich am Dienstagabend in Linz geäußert. Die junge Generation, aufgewachsen mit sozialen Medien, müsse sich ihren eigenen Weg suchen. "So ist das nun einmal mit der Geschichte", gab sich Fischer laut einer Aussendung der Diözese Linz am Mittwoch illusionslos. Es war sein erster öffentlicher Auftritt nach der Angelobung seines Nachfolgers Alexander Van der Bellen.
Entwicklungen wie Spaltungstendenzen in der Gesellschaft oder den mangelnden Tatendrang der Politik müsse man in einem größeren Zusammenhang sehen. Zu Anfang der Zweiten Republik habe es ein "Aufatmen" in Österreich gegeben, ein allgemeines Gefühl von Aufschwung und Hoffnung. Das lasse sich nicht ewig aufrecht erhalten, meinte Fischer: "Die Politik hat nicht alle Antworten - und das ist gut so. Nur totalitäre Regime behaupten, alle Probleme lösen zu können." Laut seiner Erfahrung - so der Ex-Präsident - bringen Lösungen immer wieder neue Probleme mit sich, "auch wenn wir langsam vorwärtskommen, um eine bessere Welt zu schaffen".
Im Blick auf die USA sagte Fischer, wie für viele andere Europäer sei für ihn Donald Trumps Agieren "alarmierend". Zugleich verwies er aber auf die Allgemeingültigkeit von demokratischen Wahlen.
Begrüßt worden im Linzer Cardijn-Haus war Fischer von einem anderen Emeritus - vom Linzer Altbischof Maximilian Aichern, mit den Worten: "Zuerst ist man Mensch, und dann erst kommt alles andere. Du warst immer ein Mann, mit dem man reden konnte, der ein offenes Ohr gehabt hat für die Anliegen der einfachen Leute." Trotz extremen Glatteises waren knapp 100 Menschen gekommen, um den angesehenen Politiker zu hören. Seine Ehefrau Margit, mit der Heinz Fischer den Bildband "Erinnerungen in Bildern und Geschichten" mit Fotografien aus dem privaten Fundus und Texten des Paares präsentieren wollte, war krankheitsbedingt verhindert. Heinz Fischer nahm sich Zeit, Bücher zu signieren und sich mit Anwesenden fotografieren zu lassen.
Der "Offene Sozialstammtisch" ist ein für alle Interessierten zugänglicher Diskussionsabend zu einem sozial- und gesellschaftspolitischen Thema und wird vier Mal jährlich im Cardijn-Haus (Kapuzinerstraße 49, 4020 Linz) von der Katholischen Arbeitnehmerbewegung, der Bischöfliche Arbeitslosenstiftung, dem ÖGB-OÖ Bereich Bildung und Zukunftsfragen, dem Sozialreferat der Diözese Linz und dem "Treffpunkt mensch & arbeit" Linz-Mitte veranstaltet.
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Linz, 1.2.2017
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