Apell an die Akteure
Mein erster Appell geht an die Adresse der Politik:
Der Neo-Liberalismus ist - zumal unter globalen Bedingungen - nicht zukunftsfähig! Es wird allerhöchste Zeit, dass die Politik aus dem Bremserhäuschen herauskriecht, in das sie sich freiwillig begeben hat, und wieder auf den Führerstand klettert. Es geht um den Primat der Politik gegenüber dem Markt, um die Wiederkehr der Gerechtigkeit. Auch wenn wir keine Welt-Regierung haben (und dies in meinen Augen auch gar nicht erstrebenswert wäre!), so können wir doch über Organisationen und Verträge zu Mindest-Standards kommen, die endlich die menschliche Arbeit weltweit unter ähnliche Bedingungen stellen und sie dadurch von ihrem mörderischen Druck befreien:
- gerechter Lohn,
- Mitbestimmung,
- Mitbeteiligung,
- Verbot der Kinderarbeit,
- Gleichstellung der Frau,
- Schutz des siebten Tages,
- vor allem aber: Koalitionsfreiheit und Streikrecht.
Diese Mindest-Standards müssen im Kräftespiel zwischen Regierungen und Konzernen, der Internationalen Arbeitsorganisation, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden, Nicht-Regierungs-Organisationen und den Welthandels- und Bankorganisationen ausgehandelt werden und weltweit Gültigkeit erlangen.
An zweiter Stelle appelliere ich an Unternehmensleitungen:
Es gibt sie immer noch, die alte, bekannte Schnittmenge zwischen Arbeit und Kapital. Dies bedeutet: Arbeit ist für beide Seiten gewinnbringend, wenn sie menschenwürdig ausgestaltet wird. Solange man sie bekämpft und bedrückt, zahlt man nur drauf!
Qualifizieren, profilieren, motivieren, honorieren.
Letzteres nicht nur in Geld, sondern auch in Form der Anerkennung. Das kostet Zeit und Geld, aber trägt hundertfache Frucht. Daher muss in Arbeit investiert werden. Das geht nicht ohne Verlässlichkeit in den Arbeitsbeziehungen, ohne Vertrauen. Die Arbeit gehört als Partner mit ins Boot wirtschaftlicher und unternehmerischer Entscheidungen.
Gemeinsame Meinungs- und Willensbildung, Transparenz und Verantwortlichkeit schaffen eine hohe Arbeitsidentität. Eine moderne Unternehmenskultur darf nicht nur „das Gold aus den Köpfen kratzen", Menschen enteignen, sondern muss sie vielmehr weiterentwickeln.
Bei der Gelegenheit würde ich gerne zwei Götzen von ihren Sockeln stoßen:
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den Jugendlichkeitswahn, der junge Menschen überfordert und sie durch die einseitige Fixierung auf Arbeit ein Stück ihrer Menschwerdung kostet, und der den Älteren ein unwürdiges Ende ihrer Erwerbsbiografie bereitet.
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An zweiter Stelle jenen Götzen, der heute allenthalben angebetet wird: das Prinzip, Kapitaleinsatz sei in jedem Fall günstiger als Arbeitseinsatz. Auch Einfachstarbeitsplätze können wirtschaftlich sein. Ganz abgesehen davon, dass die Unternehmen - der Neo-Liberalismus leugnet dies - auch ethisch in der Pflicht stehen, gesellschaftliche Aufgaben zu übernehmen. So z. B. die Beschäftigung derer, die man als „Leistungsgeminderte" abtut.
Mein dritter Appell richtet sich an die Tarifparteien:
Sie werden nun alle Mühe aufzuwenden haben, um die neo-liberalen Angriffe gegen die Tarifhoheit abzuwehren. Die „Verbetrieblichung" der Rahmenbedingungen würde eine mörderische Konkurrenz entfalten und wäre ökonomisch eine einzige Katastrophe und eine politische Dummheit. Die Tarifautonomie muss erhalten bleiben! Die Tarifparteien sind kompetent, um Arbeitsbeziehungen solide auszugestalten!
Schließlich appelliere ich auch an die Arbeitenden selbst:
Sorgt mit für ein Betriebsklima, ein Wohlfühlklima. Das hängt schon auch von uns allen ab. Gewiss - es kam nicht von ungefähr, dass die Solidarität solchen Schaden nahm. Jahrzehntelang hat man uns über Werbung und Konsum den Individualismus in die Hirne eingetrichtert, um dadurch die Solidarität zu untergraben. Dieses Spiel ist durchschaut. Inzwischen haben das auch „Nadelgestreifte" in den Banken und die Leute in den IT-Branchen entdeckt: nur die Solidarität vermag Arbeitsbeziehungen wirksam zu gestalten. Nur solidarische Belegschaften sind wehrhafte Belegschaften, die Willkür abwenden können.
> Die Aufgabe der Betriebsseelsorge
Inhalt
> Einleitung - Geschichte der Steinmetzen