Gute Arbeit?
Bleibt also gute Arbeit nur ein Traum? Ich nenne eine Reihe von Kriterien, an denen sich „gute Arbeit" misst. Vieles war schon im Negativ erkennbar. Wovon träumen denn arbeitende Menschen? Und was davon entspricht auch der ethischen Nachdenklichkeit über die menschliche Arbeit? Es geht um eine Vision - und um den nächst möglichen Schritt hin auf dieses Ziel
- Sinnstiftende, lebensnotwendige Arbeit: Arbeit setzt Arbeits-Identität voraus. In vielen Produktionen ist diese nicht gegeben. Immer mehr Arbeitende fühlen sich nicht wohl in der Rüstungsindustrie, im IT-Bereich, in der chemischen Industrie, weil sie zu wenig wissen, wo und zu welchem Zweck ihre Produkte Verwendung finden. Sie müssen die ständig virulente Sinnfrage in sich ausknipsen, um zu überleben. Oder sich in Scheinargumente flüchten, die man ihnen vorgibt: „Wenn wir es nicht machen, dann machen es halt andere ..." Die Menschen sind empfindlich geworden, bewusster auf das hin, was sie arbeiten. Sie wollen, dass ihre Arbeit Leben schafft. „Friede, Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung" - das sind heute keine Sprechblasen mehr, sondern Werte, die breit akzeptiert sind. Produkt-Mitbestimmung aber ist im Kapitalismus ein Fremdwort. Wo es möglich wird, die Beschäftigten an der Produktauswahl zu beteiligen, sie innovativ mitarbeiten zu lassen, kommen wir „guter" Arbeit ein Stück näher.
- Verlässliche Arbeit: ein frommer Wunsch! Denn die „Amerikanisierung" der Wirtschaft hat die „Brasilianisierung" der Arbeit zur Folge: „Heuern und feuern", prekäre, ungeschützte Arbeit. Der Normal-Arbeitsvertrag wird heute immer mehr zum Fossil. Kaum noch Neueinstellungen auf Dauer, sondern nur noch befristet. Arbeit mit weniger Rechten und weniger Würde. Immer mehr „Industrienomaden" sind gezwungen, ihre Arbeiter hinterher zu ziehen. „Gute Arbeit" - das bedeutet zuverlässige, vertraglich ausgestaltete Arbeitsbeziehungen - individuell und kollektiv.
- Selbstbestimmte Arbeit: auch diese Latte liegt natürlich zu hoch. Aber alles ist zu forcieren, was höhere Freiheitsgrade schafft: Arbeitsautonomie, Verantwortung. Der Mensch will Verantwortung tragen. Arbeit ist für ihn eine Herausforderung. Er will Kräfte messen, Energie, Phantasie und Kreativität einbringen, planen und ausführen. Man muss ihm dies nur zutrauen. Die Arbeit sollte in Industrie und Verwaltung, in Handel und Dienstleistung so ausgestaltet werden, als „arbeite der Mensch in seiner eigenen Werkstatt" (Johannes Paul II.). Um diesen „Werkstatt-Charakter" der Arbeit geht es - Teil „guter Arbeit"
- Kommunikative Arbeit: Der Mensch ist ein Sozialwesen, auch und gerade in der Arbeit. Kommunikative Arbeit ist menschengerecht und produktiv. Kommunikation muss „veranstaltet" werden. Sie hat ihren Preis und darf etwas kosten: das menschliche Miteinander, die fachliche Zusammenarbeit. Zu diesem Zweck muss aus der Einweg-Kommunikation in den Betrieben eine Mehrweg-Kommunikation werden. Kommunikation auch von unten und nicht nur Einbahnstrassen von oben nach unten! Unternehmensleitsätze sind nötig, „Führung auf Augenhöhe", Abwehr von Mobbing und Schikanen.
- Gerecht bezahlte Arbeit: Der „gerechte Lohn" ist in der Kath. Soziallehre ein gewichtiges Thema. Er muss ständig neu austariert, in Tarife gegossen werden. Dabei hat das Bedarfs-Prinzip Vorrang gegenüber fragwürdigen Leistungs¬prinzipien, die heute zu einer Einkommensspreizung führen, die nur noch als skandalös bezeichnet werden kann.
- Sozialverträgliche Arbeit: immer noch sind Arbeit und Leben weitgehend unversöhnt, treten vor allem Beziehungen und Familie in manchmal tödliche Konkurrenz zur Arbeit. „Gute Arbeit" ist eine Flexibilisierung, die nicht nur einseitig den Menschen der Arbeit beugt (flectare), ihn beibiegt, sondern umgekehrt auch Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen sozial verträglich ausgestaltet
Inhalt
> Einleitung - Geschichte der Steinmetzen
> Arbeit im real existierenden Kapitalismus
> Die Aufgabe der Betriebsseelsorge